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Bau-Turbo beschlossen!

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19.06.2025

Bundesregierung bringt Gesetz zu Beschleunigung von Baugenehmigungsverfahren auf den Weg

Die Bundesregierung hat am 19.06.2025 einen Gesetzentwurf zur Beschleunigung von Bauvorhaben auf den Weg gebracht. Damit sollen zentrale Vorschriften im Baugesetzbuch (BauGB) reformiert werden. Ziel ist es, Planungs- und Genehmigungsverfahren zu vereinfachen und deutlich zu verkürzen. Die Neuregelungen sollen ausschließlich zugunsten von Wohnungsbauten gelten. Erleichterungen für Gewerbebebauten sind nicht vorgesehen.

Folgendes ist geplant:

Die Befreiungs- und Abweichungsmöglichkeiten nach § 31 Abs. 3 BauGB (für Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes) und § 34 Abs. 3a BauGB (im unbeplanten Innenbereich) sollen erweitert werden. Die Entscheidung darüber wird jeweils unter den Vorbehalt der Zustimmung der Gemeinde gestellt. Diese soll die Befreiung oder Abweichung erteilen können, wenn das Vorhaben mit nachbarlichen Interessen und öffentlichen Belangen vereinbar ist. In diesem Zusammenhang wird für die Zustimmung der Gemeinde in einem neuen § 36a BauGB eine Genehmigungsfiktion eingeführt: Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn sie nicht nach zwei Monaten verweigert worden ist.
Zudem soll die Gemeinde die Zustimmung erteilen, wenn das Vorhaben mit ihren Vorstellungen von der städtebaulichen Ordnung vereinbar ist. Die Gemeinde erhält in
§ 36a BauGB die Möglichkeit, ihre Zustimmung unter der Bedingung zu erteilen, dass der Vorhabenträger sich verpflichtet, bestimmte städtebaulichen Anforderungen einzuhalten.
Der Gesetzesentwurf sieht des Weiteren – und zunächst befristet bis zum 31.12.2030 – die Einführung eines neuen § 246e BauGB vor, wonach Gemeinden künftig in bestimmen Fällen zugunsten der Schaffung von Wohnraum von bestehenden Bebauungsplänen und den Vorschriften des BauGB abweichen dürfen, um etwa Nachverdichtungen, Aufstockungen oder Nutzungsänderungen zügiger zu ermöglichen. Diese Erleichterungen sollen bei der Errichtung eines Wohngebäudes gelten, wenn mindestens sechs Wohnungen neu geschaffen werden. Bei Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gebäudes wird vorausgesetzt, dass dadurch neue Wohnungen entstehen oder vorhandener Wohnraum wieder nutzbar gemacht wird.
Auch für Vorhaben im Außenbereich sind vorsichtige Erleichterungen geplant: Die Neuregelungen des § 246e BauGB sollen auch auf Vorhaben im Außenbereich anwendbar sein, die im räumlichen Zusammenhang mit Flächen stehen, die im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes oder im Innenbereich liegen.
Ob der Gesetzesentwurf, der im Herbst dieses Jahres im Bundestag beschlossen werden soll, die erhoffte Beschleunigung bringt, bleibt abzuwarten. Zwar wird im Rahmen des neuen § 34 Abs. 3a BauGB die Möglichkeit eingeführt, von dem Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung abweichen zu können, also von einer zentralen Regelung, deren Anwendung und Auslegung für viele Rechtsstreitigkeiten und damit für Verzögerungen im Genehmigungsverfahren sorgt. Allerdings wird mit dem Vorbehalt der Würdigung nachbarlicher Interessen und öffentlicher Belange wiederum auf unbestimmte Rechtsbegriffe Bezug genommen, was neues Streitpotenzial befürchten lässt und die Frage aufwirft, ob, wie und wann Nachbarn und Träger öffentlicher Belange zu beteiligen sind. Was soll bspw. gelten, wenn umfangreiche umweltrechtliche Gutachten erforderlich sind, deren Erstellung mehrere Monaten dauert? Wann stehen Flächen im Außenbereich mit denen im Innenbereich in einem räumlichen Zusammenhang?

Ähnliches gilt auch für die Option der Gemeinde, ihre Zustimmung unter Bedingungen zu stellen. Hier ist fraglich, welcher Gestaltungspielraum der Gemeinde in welchem Ausmaß und auf welcher rechtlichen Grundlage außerhalb von Bebauungsplanverfahren und den Regelungen der §§ 31, 34, 35 BauGB überhaupt noch zugestanden wird und wie dies verfahrensrechtlich umgesetzt werden soll. Werden Auflagen in der Baugenehmigung erteilt? Sollen städtebauliche Verträge abgeschlossen werden?

Dies alles ist noch unklar, sodass momentan Zweifel daran erlaubt sein dürfen, ob der gewünschte Beschleunigungseffekt tatsächlich eintreten wird; es bleibt zu hoffen, dass im weiteren Gesetzgebungsverfahren diesbezüglich Konkretisierungen erfolgen.

Thorsten Krull
Rechtsanwalt