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21.08.2020

Der Bauträger ist zur Leistungsverweigerung berechtigt, wenn die Erfüllungsansprüche der Erwerber aus den Bauträgerverträgen, die der Errichtung des Objekts zugrunde liegen, verjährt sind. Ist eine Abnahme des Objekts nicht erfolgt, verjähren die Erfüllungsansprüche der Erwerber 10 Jahre nach Vertragsschluss.

OLG Köln, Urteil vom 21.08.2020 – 19 U 5/20

Die Mängelansprüche des Auftraggebers verjähren in fünf Jahren, gerechnet ab dem Zeitpunkt der Abnahme. Auch wenn eine kürzere Gewährleistungsfrist vereinbart ist, beginnt diese mit der Abnahme. Was aber,
wenn keine (wirksame) Abnahme erfolgt ist? Beginnt dann die Gewährleistungsfrist nie und haftet der Auftragnehmer unbegrenzt lange für Mängelansprüche? Die bisherige Rechtsprechung ist tatsächlich die, dass die Gewährleistungsfrist ohne wirksame Abnahme nicht beginnt (Ausnahmen siehe unten). Viele Urteile betreffen Fälle, an denen Bauträger beteiligt waren. Der Grund hierfür ist, dass in der Vergangenheit in den Kaufverträgen mit den Erwerbern häufig vorgesehen war, dass die Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch einen vereidigten Sachverständigen oder auch die Eigentümerversammlung erfolgen soll. Die Rechtsprechung hat dies wegen Benachteiligung der Erwerber als unzulässig angesehen. Die Folge hieraus war, dass die erklärte Abnahme unwirksam war und die Frage im Raum stand, ob die Gewährleistungsfrist überhaupt irgendwann endet, wenn sie nie begonnen hat. Wir möchten aber darauf hinweisen, dass das gleiche Problem auch andere Bauunternehmer betreffen kann. Beispielsweise kommt es vor, dass der Auftraggeber wegen eines wesentlichen Mangels zu Recht die Abnahme verweigert und Geld von der Schlussrechnung einbehält. Der Auftragnehmer beseitigt den Mangel nicht, weil er weiß, dass es ihm mehr kosten würde, als der Auftraggeber an Geld einbehalten hat. Der Auftraggeber tut aber auch nichts, um seine Mängelansprüche durchzusetzen. So etwas passiert insbesondere bei Mängeln, die nach der strengen Mangelrechtsprechung zwar „wesentlich“ sind, den Auftraggeber aber faktisch nicht stören

Die Entscheidung des Gerichts

Bei Einleitung des Beweisverfahrens waren schon zwölf Jahre seit Vertragsabschluss vergangen. Das OLG Köln hält die Mängelansprüche der Wohnungseigentümer für verjährt und begründet das damit, dass der
bei nicht erfolgter Abnahme gegebene Anspruch auf Vertragserfüllung gemäß § 199 Abs. 4 BGB spätestens nach 10 Jahren ab Abschluss des Vertrages verjähren würde. Daher könnten auch keine Gewährleistungsansprüche mehr durchgesetzt werden.

Hinweis für die Praxis

Andere Gerichte sehen das anders. So meint das OLG Hamm, dass eine Verjährung der Erfüllungsansprüche für Mängel des Werks nicht eintrete, solange das Werk nicht abgenommen ist, weil das Gesetz die
Verjährung der Gewährleistungsansprüche erst mit der Abnahme beginnen lässt. Klar ist aber, dass nach der Rechtsprechung die Gewährleistungsfrist auch ohne Abnahme beginnt, wenn der Auftraggeber nicht
mehr Erfüllung des Vertrages, sondern Minderung oder Schadensersatz wegen der Mängel verlangt oder die Abnahme ernsthaft und endgültig abgelehnt hat (OLG München, Beschluss vom 26.08.2015 – 27
U 520/15 Bau). Das ist in den „Bauträger-Fällen“ nicht der Fall, weil die Erwerber ja zunächst glauben, es gäbe schon eine Abnahme. Deshalb geht das OLG Köln auch von 10 Jahren Verjährungsfrist aus, und nicht von 3 Jahren ab dem Ende des Jahres, in dem der Bauvertrag abgeschlossen wurde.

Wir halten die Auffassung des OLG Köln vom Ergebnis her gesehen für richtig. Eine unbegrenzte Gewährleistung bei fehlender Abnahme widerspricht dem Grundanliegen der Verjährungsvorschriften. Es ist allerdings zu bezweifeln, dass sich andere Gerichte dem anschließen werden, insbesondere auch deshalb, weil bei einer bewusst verweigerten Abnahme anders als bei einer erklärten, aber unwirksamen
Abnahme, die Vertragserfüllungsansprüche bereits in 3 Jahren ab dem Schluss des Jahres des Vertragsabschlusses verjähren würden.

So wird es wohl vorerst dabei bleiben, dass nur dann, wenn der Auftraggeber im zeitlichen Zusammenhang mit der Abnahmeverweigerung dem Auftragnehmer eine Frist zur Mangelbeseitigung mit Androhung der
Ersatzvornahme gesetzt hat, die Verjährung der Gewährleistungsansprüche auch ohne Abnahme beginnt (BGH, Urteil vom 08.07.2010 – VII ZR 171/08). Gibt es keine solche „Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung“ und beseitigt der Auftraggeber die Mängel auch nicht selbst, beginnt die Gewährleistungsfrist nach der derzeitigen Rechtsprechung ohne Abnahme nicht. Daher ist es für Auftragnehmer der sicherste Weg, eine Abnahme seiner Leistungen zu erreichen. In der beschriebenen „Patt-Situation“ (Mängel vorhanden, Einbehalt von der Schlussrechnung, keine Fristsetzung durch Auftraggeber) sollte der Auftragnehmer eine Minderung anbieten. In vielen Fällen wird sich der Auftraggeber hierauf einlassen. Im Rahmen einer entsprechenden Vereinbarung muss festgehalten werden, dass die Abnahme der Leistungen zum (Datum) als erfolgt gilt. So schützt sich der Auftragnehmer vor der Unklarheit über die Dauer der Gewährleistungsfrist bei fehlender Abnahme.

Hendrik Bach
Rechtsanwalt