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Schlüsselfertighaus nach neuem Recht

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13.02.2019

Das neue Bauvertragsrecht ist da, aber in der Praxis kaum bekannt. Beim Schlüsselfertighausbau zeigt sich besonders, wie unaufgeklärt die Branche ist. Die mit dem neuen Bauvertragsrecht eingeführten gesetzlichen Verbraucherrechte werden in vielen Fällen nicht beachtet. Das birgt Gefahren sowohl für die privaten Bauherren, als auch für die Bauunternehmen.

In den Nachrichten liest man seit einiger Zeit, dass die Auswertungen von Bauvorhaben aus den Regionalbüros des Verbands Privater Bauherren (VPB) ergeben haben, dass die wichtigen Verbraucherschutzvorschriften in der Praxis mehr oder weniger ignoriert werden.

Weder den privaten Bauherren noch den Bauunternehmen ist offenbar bewusst, welche Änderungen das neue Bauvertragsrecht mit sich gebracht hat. Das Widerrufsrecht, die letzte Rate des Zahlungsplans, das Recht auf eine korrekte Baubeschreibung oder auf die Herausgabe wichtiger Bauunterlagen scheinen weder dem Laien noch dem Profi bekannt zu sein.

Die wichtigsten Neuerungen

Der Gesetzgeber hat durch das am 01.01.2018 in Kraft getretene Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts das Widerrufsrecht für Verbraucher-Bauverträge neu und umfassend geregelt. Nach der Definition des § 650i BGB sind Verbraucher-Bauverträge alle Bauverträge, durch die der Unternehmer von einem Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet wird.

Solche Verträge, und dazu gehören in erster Linie Schlüsselfertighausverträge, bedürfen gemäß § 650i Abs. 2 BGB der Textform. Es genügt jede lesbare, dauerhafte Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist und erkennbar ist, dass die Erklärung abgegeben wurde (siehe § 126b BGB). Es bedarf keiner eigenhändigen Unterschrift.

Nach § 650l BGB steht dem Verbraucher bei Abschluss eines solchen Vertrages ein gesetzliches Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB zu, es sei denn, der Vertrag wurde notariell beurkundet. Der Unternehmer ist verpflichtet, den Verbraucher nach Maßgabe des Art. 249 § 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche über sein Widerrufsrecht zu belehren.

Die Rechtsfolgen des Widerrufs sind in § 357d BGB geregelt. Danach schuldet der Verbraucher, wenn die Rückgewähr der bis zum Widerruf erbrachten Leistung ihrer Natur nach ausgeschlossen ist, dem Unternehmer Wertersatz. Bei der Berechnung des Wertersatzes ist die vereinbarte Vergütung zugrunde zu legen. Ist die vereinbarte Vergütung unverhältnismäßig hoch, ist der Wertersatz auf der Grundlage des Marktwertes der erbrachten Leistung zu berechnen.

Zu den wesentlichen Verbesserungen des neuen Bauvertragsrechts zählen ferner das Recht der Verbraucherbauherren, eine ordentliche Baubeschreibung zu bekommen (§ 650j BGB), sowie das Recht auf die Herstellung und Übergabe wesentlicher Planungsunterlagen (§ 650n BGB). Die Baubeschreibung brauchen angehende Bauherren, um das Angebot der Baufirma prüfen und vergleichen zu können. Ebenso verhält es sich mit der Übergabe von wichtigen Planunterlagen, wie z. B. der Statik und der energetischen Bauausführung. Mit deren Hilfe können Bauherren meist überhaupt erst überprüfen lassen, ob sie Fördergelder erhalten. Manche Unterlagen werden gesetzlich verlangt und für die Vorlage haften die privaten Bauherren persönlich mit ihrem eigenen Vermögen.

Zudem regelt das neue Bauvertragsrecht, dass bei einem Verbraucherbauvertrag der Gesamtbetrag der Abschlagszahlungen 90 % der vereinbarten Gesamtvergütung, einschließlich eines etwaigen Mehrvergütungsanspruchs aus § 650c BGB, nicht übersteigen darf (§ 650m Abs. 1 BGB). Dadurch soll eine Überzahlung des Bauunternehmers verhindert werden. Daneben verpflichtet das Gesetz den Bauunternehmer, „bei“ der ersten Abschlagszahlung eine Sicherheit in Höhe von 5 % der Gesamtvergütung zu leisten (§ 650m Abs. 2 S. 1 BGB). Dem kann beispielsweise durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer Bank Genüge getan werden.

Auch bei der Abnahme sind neue Vorschriften zu beachten. Informiert der Auftragnehmer den Verbraucher nicht hinreichend klar und unmissverständlich über die Rechtsfolgen einer nicht erklärten oder ohne Angabe von Mängeln verweigerten Abnahme, treten die Fiktion der Abnahme und die Abnahmewirkungen nicht ein. In den neuen Regelungen zum Verbraucherbauvertrag (§§ 650i bis 650o BGB) ist diese Informationspflicht zwingend ausgestaltet worden (§ 650o BGB). Eine davon abweichende Vereinbarung im Bauvertrag ist deshalb unwirksam.

Hinweis für die Praxis

Bei der Fassung von Verbraucherbauverträgen, das gilt insbesondere für den Schlüsselfertigbau, sollten beide Parteien darauf achten, dass die neuen Regelungen des Bauvertragsrechts enthalten sind. Nicht nur die Verbraucher tragen ein hohes Risiko, wenn der Bauunternehmer von Behörden geforderte Unterlagen nicht vorlegt; auch der Bauunternehmer riskiert viel, wenn er die neuen Verbraucherschutzvorschriften ignoriert. So gehen z. B. Unklarheiten bei der Auslegung der Baubeschreibung gemäß § 650k Abs. 2 S. 2 BGB zu Lasten des Unternehmers.

Konstantin Trakis,
Rechtsanwalt