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Neuerungen im Nachweisgesetz für Arbeitsverträge

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25.08.2022

An dieser Stelle möchten wir die Leserschaft über die zum 01. August 2022 in Kraft getretene Novellierung des Nachweisgesetz (NachwG) informieren. Die Europäische Union hat eine neue EU-Arbeitsbedingungsrichtlinie (EU-Richtlinie über transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen) erlassen, die Arbeitgeber dazu verpflichtet, den Arbeitsvertrag detailliert und verständlich zu formulieren.

Für die Arbeitgeber bedeutet dies einen Mehraufwand, da sie Mitarbeitern bei künftigen Einstellungen weit mehr Informationen erteilen und Dokumentationen vornehmen müssen als bisher.

Die nachfolgenden Hinweise sind vor allem deshalb von besonderer Bedeutung, weil mit der Novelle ein Bußgeld zur Sanktion von Verstößen eingeführt wurde. Für den Fall, dass der Arbeitgeber gegen seine Informationspflichten gemäß § 2 NachwG verstößt, d. h. durch die nicht, nicht richtige, nicht vollständige, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitige Aushändigung wesentlicher Vertragsbedingungen, kann er in Zukunft mit einem Bußgeld bis zu 2.000 Euro belegt werden. Die Sanktion lässt sich jedoch bei Befolgung der nachfolgenden Regelungen verhindern.

Bislang war es so, dass die Arbeitgeber gem. § 2 NachwG spätestens bis einen Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses die folgenden Punkte schriftlich nachweisen mussten:

  • Name und Anschrift der Vertragsparteien
  • Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses
  • bei befristetem Arbeitsverhältnis die Dauer der Befristung
  • Arbeitsort
  • kurze Bezeichnung oder Beschreibung der Tätigkeit
  • Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts
  • Arbeitszeit
  • Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs
  • Kündigungsfristen
  • allgemeiner Hinweis auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anwendbar sind.

Der vorgenannte Katalog wird durch das novellierte Nachweisgesetz mit Wirkung ab dem 01.08.2022 erheblich erweitert; danach müssen die Arbeitgeber für neu eingestellte Arbeitnehmer, die ab dem 01.08.2022 für den Arbeitgeber tätig werden, zusätzlich noch die folgenden Punkte nachweisen:

  • Enddatum des Arbeitsverhältnisses
  • Hinweis darauf, wenn der Arbeitsort durch den Arbeitnehmer frei wählbar ist
  • sofern vereinbart, die Dauer der vereinbarten Probezeit
  • die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts (einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung)
  • die vereinbarte Arbeitszeit und außerdem die vereinbarten Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und die Voraussetzungen für Schichtänderungen
  • im Fall der Arbeit auf Abruf neben der Vereinbarung, dass die Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen ist, die Zahl der zu vergütenden Mindeststunden, der jeweilige Zeitrahmen und die Frist für die Anordnung der Lage der Arbeitszeit im Voraus durch den Arbeitgeber
  • falls vereinbart, die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen
  • bei vom Arbeitgeber bereitgestellter Fortbildung, der entsprechende Anspruch
  • für den Fall, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt, der Name und die Anschrift des Versorgungsträgers; hierbei entfällt die Nachweispflicht, wenn der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist
  • das Verfahren, welches bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhalten ist, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage; hierbei ist § 7 KSchG auch bei einem nicht ordnungsgemäßen Nachweis der Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage anzuwenden

Nach dem Vorgesagten müssen die Arbeitsverträge nunmehr u. a. auch ausdrücklich die Dauer der Probezeit, die Voraussetzungen für eine mögliche Überstundenanordnung sowie die Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Nennung einer etwaigen Überstundenvergütung sowie der Sonderzahlungen oder anderer Vergütungsbestandteile ausdrücklich regeln. Zudem muss nunmehr auch ausdrücklich über das einzuhaltende Verfahren im Falle einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses unterrichtet werden, wobei auf das Schriftformerfordernis, die Kündigungsfrist und auch die zu beachtende Klagefrist hinzuweisen ist. Falls die vorbenannten Punkte bereits im Arbeitsvertrag dokumentiert sind, muss der Arbeitgeber nichts veranlassen.

Virulent ist, dass die Arbeitgeber ihren Nachweispflichten zukünftig deutlich früher nachkommen müssen, da die Altregelung des NachwG lediglich erforderte, dass die wesentlichen Vertragsbedingungen innerhalb eines Monats nach Tätigkeitsbeginn auszuhändigen sind.

Demgegenüber wird nunmehr die Niederschrift gewisser Arbeitsbedingungen nach Umsetzung der Arbeitsbedingungen-Richtline bereits bei Beginn des Arbeitsverhältnisses oder bis spätestens zum 7. Kalendertag nach dem Beginn des Arbeitsverhältnisses auszuhändigen sein. Zu beachten ist, dass, wenn sich die wesentlichen Vertragsbedingungen im laufenden Arbeitsverhältnis ändern, der Arbeitgeber seiner Pflicht zur Aushändigung dieser Änderung bis zu dem Tag nachzukommen hat, an dem die Änderung wirksam werden soll.

Problematisch dabei können Fälle sein, wo eine sogenannte „betriebliche Übung“ entsteht. Wenn beispielsweise in Ihrer Firma Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld gezahlt wird, Sie aber jedes Mal einen Hinweis machen, dass das auch in Zukunft von der Ertragslage des Unternehmens abhängig ist, stellt sich die Frage, wie man das in der Mitteilung an den Arbeitnehmer formulieren soll.

Unabhängig hiervon ist die Frage, ob man als Arbeitgeber warten soll, bis die Arbeitnehmer bzw. einzelne Arbeitnehmer nach der Aushändigung ihrer Vertragsbedingungen fragen oder ob man hier proaktiv tätig werden sollte. Wir meinen, dass es auch aus Sicht des Arbeitgebers nicht schadet, wenn man sich für alle Arbeitnehmer einen Überblick verschafft, welche Bedingungen eigentlich für das Arbeitsverhältnis gelten (was ist die aktuelle Vergütung, was ist der aktuelle Urlaubsanspruch usw.). Hierfür haben wir ein Musterschreiben entworfen, dass Sie im Anhang finden. Wir weisen darauf hin, dass der Text noch individuell auf das jeweilige Arbeitsverhältnis angepasst werden muss.

Für Rückfragen zum Nachweisgesetz steht Ihnen Herr Rechtsanwalt Philipp Dehn aus unserer Sozietät zur Verfügung (philipp.dehn@dieckert.de).

Musterschreiben