Steuer-News

Mitnichten! Es überrascht: Auch 2021 gibt es sie noch! Worum geht es?

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2013 hatte der Bundesfinanzhof (BFH) in einem Grundsatzurteil die Anwendung der Regelung zum Übergang der Steuerschuldnerschaft für Bauträger (BT) verneint und damit die früheren Verwaltungsanweisungen der Finanzverwaltung für unwirksam erklärt. BT hatten also in großem Umfang zu Unrecht Steuern nach „§ 13b“ abgeführt und konnten nun deren Rückerstattung verlangen, wovon auch Gebrauch gemacht wurde. Um Steuerausfälle zu vermeiden, wurde in einem Anpassungsgesetz mit dem neuen § 27 Abs. 19 UStG eine Abtretungslösung eingeführt, die zu einer Vereinfachung der Rückabwicklung führen sollte. Die Regelung sieht vor, dass der bauleistende Unternehmer neue Rechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer erstellt, den daraus resultierenden Umsatzsteueranspruch sodann an das Finanzamt abtritt, welches mit dem abgetretenen Anspruch gegen den Umsatzsteuererstattungsanspruch des Leistungsempfängers aufrechnet. Im Wege der Abtretung soll ein Ausgleich der Steuerschuld des einen mit der Forderung des anderen erfolgen.

Theoretisch ganz einfach. Wie so oft klaffen jedoch Theorie und Praxis auseinander: In der Praxis kam es nicht nur zu erheblichen Umsetzungsproblemen, sondern es wurden auch verfassungsrechtliche Bedenken angemeldet,
sodass Gerichte angerufen werden mussten. Schließlich kam der BFH in einem Urteil vom Februar 2017 zum Ergebnis, dass die Abtretungsregelung verfassungsgemäß ist und stellte klar, wie im Einzelnen zu verfahren sei.
Korrespondierend dazu waren die Unternehmen gezwungen, zivilrechtliche Fragen zum Umsatzsteuernachforderungsanspruch, z. B. zur Verjährung und zu dessen Durchsetzung im Falle einer Insolvenz, durch Zivilgerichte bis hin
zum Bundesgerichtshof (BGH) klären zu lassen. Dieser bestätigte letztendlich, dass solche Ansprüche grundsätzlich auch noch nach Jahren durchsetzbar sind und dass das Änderungsverlangen des Bauträgers nicht gegen Treu
und Glauben verstößt.

Warum ist die BFH-Entscheidung von 2013 heute noch von Interesse?

Ganz einfach: Bis heute machen Bauträger und Versorger auf dieser Grundlage Umsatzsteuer-Erstattungsansprüche für Zeiten bis 2014 geltend und lassen sich ihre Ansprüche von den Finanzgerichten bestätigen. In Folge dessen
erhalten Bauunternehmen regelmäßig Post vom Finanzamt, sie mögen ihre Rechnungen aus dieser Zeit neu ausstellen (unter Ausweis der Umsatzsteuer) und ihren Umsatzsteueranspruch an das Finanzamt zum Zwecke der Aufrechnung abtreten. Leicht gesagt, schwer getan: Zum einen sind die erforderlichen Unterlagen häufig gar nicht mehr vorhanden, weil Aufbewahrungsfristen abgelaufen sind. Zum anderen stellt sich die Frage, ob die Abtretungen so einfach durchgehen oder ob
nicht am Ende das Bauunternehmen für die Umsatzsteuer haften muss. Schließlich könnten die Festsetzungszeiträume längst verjährt sein, so dass gar keine Pflicht mehr zur Neuausstellung der Rechnungen besteht. Die
Steuerabteilung unserer Kanzlei zeigt Bauunternehmen gangbare Wege auf, wie mit diesen Aufforderungen umzugehen ist!

Wer profitiert überhaupt von diesem “Umsatzsteuerkarussell”?

Wenn die Abtretungslösung funktioniert, fließt eigentlich kein Geld. Warum die Stellung von Rückforderungsansprüchen trotzdem attraktiv ist, liegt daran, dass diese nach den allgemeinen gesetzlichen Regelungen der Abgabenordnung zu verzinsen sind. Auch dies musste gerichtlich geklärt werden, zuletzt streckte die Finanzverwaltung durch Rücknahme einer Revision vor dem BFH die Waffen. Die Anspruchsteller können damit ihre Finanzen prächtig sanieren: So führen die geltend gemachten Rückforderungsansprüche zu Zinseinnahmen in Höhe von 6 % p. a., eine beachtliche Verzinsung angesichts des allgemein schlechten Zinsniveaus. Und wenn die Festsetzungszeiträume verjährt sein sollten, und die Finanzverwaltung deswegen nicht
aufrechnen kann, klingelt es richtig in der Kasse!

Dr. Annette Funk
Steuerberaterin